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Viele Herausforderungen und existenzielle Veränderungen

12. Dezember 2019 | Finanzen, Stadtratsfraktion

Haushaltsrede 2020 der SPD-Fraktion von Fraktionsvorsitzenden Bernd Kronenberg (Es gilt das gesprochene Wort).

Herr Bürgermeister,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir stehen am Beginn des dritten Jahrzehnts der Zweitausender Jahre. Dieses Jahrzehnt wird uns viele Herausforderungen bieten und existenzielle Veränderungen mit sich bringen.

Neben den gravierenden Entwicklungen und Konsequenzen, die die voranschreitende Digitalisierung für uns bereit halten wird, ist der Klimawandel die herausragende Aufgabe, die wir im Rahmen unserer politischen Verantwortung auch und besonders auf kommunaler Ebene gemeinsam angehen müssen.

Die Aufgabe, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, ist eine globale Verpflichtung, die jedoch auch uns in den Kommunalparlamenten zwingt, unser Handeln und unsere Entscheidungen immer im Kontext mit dem Umweltschutz zu sehen.

Die SPD-Fraktion hat hierzu mehrere Anträge eingebracht, die dazu beitragen, unsere Entscheidungen zu Gunsten unserer Umwelt und des Klimas sachgerecht zu treffen. Wir haben im Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Energie die Ausrufung des Klimanotstandes beschlossen und werden diesen Beschluss im Rat bestätigen. Damit haben wir deutlich gemacht, wie wichtig uns der Schutz der Umwelt ist und wir dazu beitragen wollen, dass der Klimawandel gestoppt wird. Die Fortschreibung unseres Klimaschutzkonzeptes ist dabei die Grundlage, auf der wir konzeptionell daran arbeiten können. Dieses Konzept wurde 2010 für einen Zeitraum von 10 Jahren erstellt und läuft damit 2020 aus.

Die aktuell feststellbaren Auswirkungen des Klimawandels machen es zwingend erforderlich, das Konzept auf der Basis der heutigen Erkenntnisse fortzuschreiben.

Auch die beiden Klimaschutzteilkonzepte „energetische Sanierung städtischer Gebäude“ und die „Nahwärmeversorgung in Waldbröl“, die für die Stadt Waldbröl erarbeitet wurden, müssen ebenfalls fortgeschrieben werden.

Wir haben beantragt, für die Fortschreibung der Konzepte die notwendigen Finanzmittel in den Haushalt einzustellen, die in dem ursprünglichen Haushaltsentwurf nicht enthalten waren. Nach den Haushaltsberatungen werden jetzt für das Jahr 2020 30 T€ und in 2021 78 T€ im Haushalt bereitgestellt.

Um die anstehenden Problembereiche im Klima- und Umweltschutz auch personell koordinieren und fachlich steuern zu können, haben wir die erneute Einstellung einer Klimaschutzmanagerin beantragt.

Die Beschlusslage sieht jetzt vor, dass eine Klimaschutzmanagerin erforderlich ist. Es wird nun geprüft, ob die Stelle interkommunal oder ausschließlich bei der Stadt Waldbröl eingerichtet wird.

Im Planentwurf waren keinerlei Haushaltsmittel für klassische Umweltprojekte veranschlagt worden. Da sahen wir einen erforderlichen Nachholbedarf, denn schon bei den Beratungen im Arbeitskreis Insektenschutz stellten wir fest, dass es bereits schwierig war, Samen für die angelegten Blühstreifen kaufen zu können. Aus dieser Haushaltsstelle sollen weitere zukünftige Projekte und Maßnahmen finanziert werden.

Dies sind exemplarisch, u.a.

  • die umwelt- und insektenfreundliche Entwicklung der städtischen Flächen im Rahmen der Renaturierung der Klus,
  • Pflanzaktionen für regionale alte Sorten von Obstbäumen
  • das Pflanzen von Gedenkbäume zu lokalgeschichtlichen Anlässen
  • die Mitfinanzierung von Krötenschutzzäunen
  • und vieles mehr.

Deshalb haben wir für solche Zwecke die Einstellung von 25 T€ pro Jahr in den Haushalt beantragt.

Im Ergebnis werden nun in einem ersten Schritt 10 T€ für 2020 eingestellt und die weitere Entwicklung abgewartet.

Ein weiterer Bereich, in dem wir für Umwelt und Klima etwas tun müssen, ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, mindestens zwei Ladesäulen im Rahmen des Ausbaus unseres Straßennetzes und der Entwicklung eines Parkraumkonzeptes zu installieren und die erforderlichen Mittel dafür in den Haushalt einzustellen.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat das Erfordernis erkannt. Es wurde vereinbart, das Thema im Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Energie inhaltlich weiter zu entwickeln und mit der Erstellung eines Parkraumkonzeptes zu verbinden. Dabei sollen auch die aktuellen Fördermöglichkeiten ermittelt und genutzt werden.

Wir tragen, meine Damen und Herren, die Verantwortung für die zukünftigen Generationen. Deshalb brauchen wir bereits heute klare Sachgrundlagen für unsere politische Arbeit, die die Entwicklung unseres Klimas und unserer Umwelt verantwortungsbewusst mit einbezieht. Dafür müssen entsprechende Finanzmittel in den Haushalt eingestellt werden.

Das ist auf der Basis unserer Anträge zum Haushalt gelungen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der notwendige Aufbau einer wettbewerbsfähigen Infrastruktur für Tourismus und Fremdenverkehr. Dazu gehört, wie in vielen anderen Kommunen, fachkompetentes Personal. Dieses Personal muss über eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung im Tourismussektor verfügen, um Konzepte erarbeiten und umsetzen, um mit den regionalen und überregionalen Akteuren Netzwerkarbeit betreiben und als Ansprechpartner und Organisator für Veranstaltungen vor Ort qualifiziert arbeiten zu können.

Für diese wichtige Zukunftsaufgabe haben wir die Ausschreibung einer Stelle mit angemessener Vergütung beantragt. Nach der abgestimmten Beschlusslage wird dies in 2020 erfolgen.

Nun jedoch konkret zum vorgelegten Haushaltsplanentwurf.

Zuerst das Positive: Der Haushalt wird in den nächsten Jahren konstante, sich steigernde Überschüsse produzieren. Nur in 2020 werden wir ein geringes Minus durch in 2018 und 2019 erwirtschaftete Überschüsse ausgleichen müssen.

Nun aber direkt zu einem Thema, das auf Dauer aus Sicht der Kommunen ein immer größeres Problem darstellen wird – zur Kreisumlage:

Wir fragen uns besorgt: „Wohin soll die Reise denn noch gehen?“

Auf der einen Seite werden in den Kommunen die Standards seit Jahren auf den Prüfstand gestellt und immer wieder reduziert – auf der anderen Seite bringt der Kreis immer neue Aufgaben ins Spiel und weitet seine Standards aus.

Und es geht weiter so. In jedem Jahr werden auch in Zukunft Steigerungen der Kreisumlage erfolgen. In 2018 zahlte die Stadt Waldbröl 18,8 Mio. Euro. In 2020 liegen wir bereits bei 20,2 Mio. Euro, in 2023 werden wir – sage und schreibe – rund 25 Mio. Euro berappen müssen. Das ist eine Steigerung von rund 1 Mio. Euro pro Jahr.

Wo soll das noch hinführen? Wie sollen wir als Kommunen diese Steigerungen auf Dauer erwirtschaften? Und was bleibt uns danach?

Die Kreisumlage stieg von 2009 bis heute um 25%, die Jugendamtsumlage um 63%. In 2023 wird die Steigerung der KU um 35% und die der Jugendamtsumlage um sage und schreibe 91% gegenüber 2009 gestiegen sein.

Diese systematische Finanzbelastung der Kommunen muss endlich ein Ende haben. Es kann nicht sein, dass wir unsere gesamten Steuereinnahmen auch in Zukunft direkt an den Kreis weiterleiten müssen. Auch wenn die Klagelieder der Kommunen nach einer sicheren Finanzausstattung bereits alt sind, müssen wir sie immer wieder vorbringen und dürfen erst verstummen, wenn es gelungen ist, die Kommunen solide zu finanzieren.

Nun zur Entwicklung unseres Haushaltes:

Das Anlagevermögen der Stadt Waldbröl stieg in 2018 um 3,9 Mio. Euro. Dieser Trend wird sich auch in 2019 bis 2023 fortsetzen.

Die Einnahmeüberschüsse, und damit auch die Ausgleichsrücklage, werden in Planzeitraum bis 2023 um mehr als 6 Mio. Euro anwachsen.

Dazu kommt ein Eigenkapitalanteil in Höhe von fast 20 Mio. Euro.

Das sind Ergebnisse, die einerseits durch die gute Konjunktur der letzten Jahre, andererseits aber auch durch die Steuererhöhungen in 2018 entstanden sind.

Nachdem auf unser Betreiben hin in 2018 die Ansätze für die Zinsbelastung gesenkt und die wirtschaftlichen Entwicklungsprognosen angehoben wurden, entwickelte sich unser Haushalt über den Sommer hinweg plötzlich noch wesentlich besser als von uns erwartet. Der von uns prognostizierten Aufschwung übertraf alle Erwartungen. Und dazu kamen dann noch die Einnahmen aus der hart umstrittenen Steuererhöhung. Und plötzlich entstand aus der von BM und Kämmerin schwarzgemalten Zukunft über die Sommerpause in 2018 der erste Haushaltsausgleich seit Jahrzehnten.

Ich sage heute noch einmal sehr deutlich: Auch ohne die Steuererhöhung hätten wir am Ende des HSK-Zeitraums wie geplant den Haushaltsausgleich geschafft. Und das stand schon fest, bevor uns der Geldsegen ereilte.

Wir erwarten jedoch jetzt bei dieser insgesamt positiven Entwicklung eine sachbezogene Balance zwischen intelligenten Investitionen und der Rückführung von Krediten, damit auch die Entwicklung unserer Stadt auf Dauer profitiert und der Prozess, der durch das IEHK angestoßen worden ist, nicht demnächst wieder im Sande verläuft. Stadtentwicklung hört nicht mit dem Abriss des Merkur-Gebäudes auf! Stadtentwicklung muss auch in der Zukunft weiter aktiv betrieben werden, wenn wir als Stadt Waldbröl gegenüber anderen Kommunen und Regionen nicht ins Hintertreffen geraten wollen!

Unsere zentrale Aufgabe bei der Finanzplanung des städtischen Haushaltes ist die Sicherstellung des sachgerechten Dreiklangs aus Investitionen, Schuldentilgung und möglichst geringer Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Gewerbetreibenden unserer Stadt.

Eine Reduzierung der Steuerlast in guten Zeiten ist ein Akt der Steuergerechtigkeit, denn in schwierigen Zeiten werden unsere Bürgerinnen und Bürger ja auch immer mit höheren Steuern belastet.

 Deshalb haben wir aufgrund der positiven Entwicklungsprognose beantragt, über den Planungszeitraum bis 2023 die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer um jeweils 5 %-Punkte pro Jahr zu reduzieren. Die Grundsteuer B von 765 auf 745 % und die Gewerbesteuer von 575 auf 555 % in 2023.

Dies ist auch ein Signal an junge Familien, die sich hier niederlassen wollen und an Unternehmen, die sich für einen Standort in unserem neuen Gewerbegebiet interessieren. Aber auch unsere Bürgerinnen und Bürger – wie auch die Gewerbetreibenden unserer Stadt – erfahren dadurch eine Entlastung.

Leider gehört Waldbröl, trotz der Reduzierung, weiterhin zu den Kommunen mit den höchsten Hebesätzen in ganz Nordrhein-Westfalen und das belastet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Stadt.

Die Auswirkung aus dieser Steuersenkung kann unser Haushalt bei dem derzeitigen Planungsstand verkraften.

Im Klartext heißt das:

In 2020 müssen wir ca. 100 T€ mehr aus der Ausgleichsrücklage nehmen, die rund 3 Mio. € stark ist. (2018 1.870.706 €, 2019 1.026.110 €.)

In 2021 liegt die Mindereinnahme bei ca. 200 T€.

Der Einnahmeüberschuss, den wir in 2021 erzielen werden, wird sich auf rund 500 T€ verringern.

In 2022 liegt die Mindereinnahme bei ca. 300 T€.

Der Einnahmeüberschuss in 2022 beträgt dann immerhin noch 1,5 Mio. €.

Und in 2023 liegt die Mindereinnahme dann bei ca. 400 T€.

Der Einnahmeüberschuss in 2023 ist aber so hoch, dass er immer noch bei rund 2,0 Mio. € liegen wird.

Es bleibt daher im Planungszeitraum bis einschließlich 2023, nach der von uns beantragten, stufenweise vollzogenen jährlichen Steuersenkung, meine Damen und Herren, bei einem Haushaltsüberschuss in Höhe von mehr als 6 Mio. Euro.

Dieses Geld steht uns dann immer noch für Zukunftsinvestitionen und Schuldenabbau zur Verfügung.

Sollten Bund und Land ihre Ankündigungen wahr machen und uns Kommunen alsbald bei der Verringerung unserer Altschulden entlasten, und würde die schwarz-gelbe Landesregierung endlich, wie schon unter Rot-Grün in 2016 mit den Spitzenverbänden vereinbart, den Kommunen die tatsächlichen Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen erstatten, hätten wir in Zukunft ein noch stabileres Finanzpolster. Außerdem enthält uns die Landesregierung die Mittel aus der Integrationspauschale für 2020 und 2021 vor, die der Bund an das Land NRW zahlt.

Für Waldbröl macht das einen Betrag von rund 170 T€ aus, der uns im Haushalt fehlt.

Wir haben unsere Anträge gestellt, damit Rat und Verwaltung über qualifizierte Grundlagen verfügen, die sachgerechte Entscheidungen möglich machen. Durch sie sollen die Menschen in unserer Gemeinde an Lebensqualität und auch an Zukunft gewinnen – und das in einer möglichst intakten Umwelt.

Wir werden in jedem Folgejahr genauestens darauf achten, wie sich unser Haushalt entwickelt und für sachgerechte Entscheidungen stehen. Darauf können sich unsere Bürgerinnen und Bürger in Waldbröl auch in Zukunft verlassen, meine Damen und Herren.

Abschließend möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen aus der Politik, für die in diesem Jahr geleistete Arbeit bedanken. Es sind erneut, besonders im Rahmen des IEHKs, zahlreiche Herausforderungen gemeinsam bewältigt worden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Bernd Kronenberg
Fraktionsvorsitzender SPD Waldbröl

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